Sturm-Tiger mit Innenausstattung

Rye Field Model RM5012 - 1/35

Vorbild: Durch verlustreiche und zermürbende Straßenkämpfe wurde die Forderung nach einer selbstfahrenden schweren Artillerie laut. Diese sollte befestigte Stellungen oder Bunker komplett zerstören können. Um diese Waffe auch gegen Hohlladungen oder Sprengladungen durch feindliche Infanterie zu schützen sollte auch eine starke Panzerung vorhanden sein.

Um diese Vorgaben erfüllen zu können bot sich hier nur das Fahrgestell des Tiger Panzers an. Die Firma Alkett in Berlin erhielt am 20.10.1943 den Auftrag auf Reparaturfahrgestellen des Tiger 1 monatlich fünf Stück herzustellen. Dieses Fahrzeug erhielt die Bezeichnung "Gerät 562 - Sturmmörserwagen 606/4" und wurde als Sturmpanzer VI bezeichnet. Umgangssprachlich setzte sich jedoch der Name Sturmmörser Tiger bzw. Sturmtiger durch. In einem Kasematten Aufbau wurde ein 30 cm Mörser, der ursprünglich bei der Kriegsmarine zur U-Bootbekämpfung entwickelt wurde, eingebaut. Hiermit konnte eine 1,5 m lange und 350 kg schwere Raketen-Sprenggranate bis zu 6 km weit geschossen werden. Die Durchschlagkraft ermöglichte es, dass auf diese Entfernung noch 2,5 m dicke Stahlbetonwände durchlagen werden konnten. Die offizielle Bezeichnung dieser Waffe lautete Raketenwerfer 61 38 cm L/5,4 (R-Sprgr. 4581). Um den Rückstoß so gering wie möglich zu halten wurden die Verbrennungsgase beim Schuss durch äußere Bohrungen am Rohr nach vorn geleitet und traten so rings um die Rohrmündung aus. Zusätzlich wurden die Stahllaufrollen des Fahrgestells gummigefedert. Die Frontpanzerung des Aufbaus wurde, gegenüber der Standardpanzerung, auf 15 cm erhöht. Die Seitenpanzerung betrug 80 mm, sodass das Gesamtgewicht dieses Fahrzeuges 65 Tonnen betrug. Der Munitionsvorrat umfasste insgesamt 14 Schuss die einzeln mit einem bordeigenen Kran über eine Dachluke in den Innenraum gelassen wurden. Als Sekundärbewaffnung für die fünf Mann Besatzung war in der Fahrerfront ein MG-34 in einer Kugelblende eingebaut. Die Firma Alkett hat von diesen Fahrzeugen insgesamt 18 Stück gefertigt.

Der erste Einsatz dieser Sturmtiger erfolgte im August 1944, während des Warschauer Aufstandes. Die beiden neu aufgestellten Sturmtiger-Kompanien kamen dann an der Westfront zum Einsatz, um die Ardennenoffensive zu unterstützen. Die Wirkung der Raketenwaffe war für die Alliierten verheerend. So konnte Ende 1944 mit einem einzelnen Treffer eine ganze Bereitstellung von Sherman Panzern in einem Dorf zerstört werden. Auch ein von Alliierten besetzter Westwallbunker wurde mit einem einzigen Treffer zerstört. Die moralische Wirkung auf den Gegner, wenn, vor allem bei Nacht, der Himmel durch den Aufschlag feuerrot erleuchtet wurde und die Druckwelle mit ohrenbetäubendem Lärm die Soldaten lähmte, war enorm. Die US-Truppen waren daher bemüht diese Sturmtiger auszumachen und versuchten mit allen Mitteln, u.a. sogar mit Spionen und Aufklärern, die Standorte zu lokalisieren, um sie dann unter Einsatz von, teilweise, ganzen Artillerieabteilungen unter Feuer zu nehmen. Dies zwang die Sturmtiger dazu nach jeder Schussabgabe sofort einen Stellungswechsel vorzunehmen. Aufgrund der geringen Anzahl und technischer Probleme, wie auch bei den Standard-Tigern, konnten diese Fahrzeuge, trotz ihrer Wirkung auf den Gegner, den Kriegsverlauf auch nicht mehr ändern.

Bausatz: Wenn man den, mit einem schön gestalteten Bild, Karton öffnet wird einem erst einmal bewusst auf was man sich hier einlässt. Die mit Spritzlingen prall gefüllte Schachtel enthält absolut hochwertig gestaltete Teile die sogar in mehreren Farben gegossen sind. So sind die Aufbau- und Wannenteile in Beige, die Fahrwerks und Kettenteile Schwarz und die Innenraumteile in einem hellen Grau vorhanden. Die Winkelspiegel sowie das Aufbaudach sind in Klar gegossen. Neben zwei Ätzteilbögen, Metallkabel, Polycaps finden sich noch ein Decalbogen sowie eine Montageanleitung in Heftform.

Die Inneneinrichtung dieses Panzers lässt wirklich nichts vermissen. Vom kleinsten Handrad über das Funkgerät bis zur hochdetailierten Brandschutzwand zum Motorraum ist alles vorhanden. Der 12 Zylinder Maybach Motor sowie der gesamte Antriebsstrang mit dem Getriebe ist schon ein Bausatz für sich und fast zu schade zum Einbauen, da hiervon im fertigen Modell nicht mehr viel zu sehen sein wird. Die Motorabdeckung wird in einzelnen Segmenten montiert und lässt sich somit, wie beim Original, öffnen um die Kühler sowie Tanks zeigen zu können. Die Tankstutzen und Belüftungsöffnungen sind hier als einzelne Teile ausgeführt und können so auch geöffnet gebaut werden, um z.B. eine Auftankszene darzustellen.

Den Kasemattenaufbau abnehmbar zu bauen ist durch die komplexe Konstruktion der Granaten an den Seitenwänden leider fast nicht möglich. Hier wäre es vorteilhafter gewesen den gesamten Aufbau in klarem Kunststoff herzustellen anstatt nur das Dach. Der Verschluss des Mörsers sowie das Rohr kann beweglich bzw. geöffnet dargestellt werden.

Die Kettenmontage in Baustufe 29 ist leider dermaßen aufwendig, dass sie wohl die meiste Bauzeit in Anspruch nehmen dürfte. Diese Art der Kettenfertigung wird leider heute von fast allen Herstellern favorisiert. Die Segmente der Kette werden in eine Lehre zu je vier Gliedern gelegt und mit insgesamt acht Minibolzen verbunden. Zusätzlich müssen auf jedes der Glieder noch zwei Führungszähnen aufgeklebt werden. Wenn man diese 96 Glieder pro Seite zusammengesetzt hat wird man zwar mit einer hochdetaillierten Kette sogar mit durchbrochenen Führungszähnen belohnt werden, vermutlich dann jedoch am Rande eines Nervenzusammenbruches stehen. Ich denke, dass hier viele vermutlich auf Friulketten ausweichen werden, die dann sogar noch realistisch durchhängen.

Bauanleitung/Bemalung: Die auf hochwertigem Papier gedruckte Anleitung enthält sogar einige Farbbilder von komplexen Montagestufen, um die Position und Zusammenhänge der Einzelteile bildlich hervorzuheben. Durch diese Gestaltung wird man ohne Probleme durch die insgesamt 30 übersichtlichen Baustufen geführt. Die einzelnen Spritzlinge sind mit durchbrochenen Buchstaben versehen, die auch bei Takom verwendet werden und für gute Übersich bei der Teilesuche sorgen.

Die Farbangaben beziehen sich auf zwei verschiedene Dreifarbtarnungen sowie einer in einheitlichem Dunkelgelb. Für den Innenraum gibt es eine eigene Farbkarte, welche die einzelnen Bereiche der Einrichtung farblich darstellt. Die Farbangaben beziehen sich ausschließlich auf das Sortiment von MiG.

Fazit: Was Rye Field hier mit diesem Sturmtiger abgeliefert hat dürfte neue Maßstäbe im Modellbau setzen. Die Detaillierung der Teile ist wirklich hervorragend. Abgesehen von einem fehlenden Zimmeritbelag der unteren Wanne dürfte der Erwerb von Zurüstteilen überflüssig sein. Da die aufwendige Montage der Ketten heute leider fast zum Mainstream bei allen Herstellern gehört werden wir uns vermutlich noch länger bei dem Sortiment von Friul und Co. bedienen müssen.
Bei der detailreichen Gestaltung des Innenraumes wäre es schön gewesen, wenn der gesamte Aufbau in klarem Kunststoff beiliegen würde und nicht nur das Dach des Aufbaues. Das dies möglich ist hat vor vielen Jahren bereits AFV bewiesen die für ihren Sturmtiger einen eigenen Innenraumbausatz herausgebracht haben, der solch einen Glasaufbau enthielt.
Vielleicht wird auch Ryefield dies noch nachschieben. Mit dem Kauf erhält man einen wirklich sehr hochwertiger Bausatz der zwar nicht unbedingt für einen Anfänger geeignet ist, jedoch eine tolle Bereicherung, dieses wohl exotischsten Fahrzeugs des 2. Weltkrieges, in der heimischen Vitrine sein dürfte. Sehr empfehlenswert.

Erhältlich bei gut sortierten Modellbauhändlern oder für Händler bei Glow2B www.glow2b.de.

Reiner Janick, Berlin (November 2018)