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Kyushu J7W-1 Shinden
Experimental-Jagdflugzeug der kaiserlich-japanischen Marine

Zoukei-Mura - 1/32

Viele von uns, die mit dem Hobby des Plastikmodellbaus verbunden sind, werden das Gefühl der Spannung kennen, wenn die Hinweise auftauchen: „Da gibt es einen neuen Hersteller und der bringt ein Modell von der...... heraus.“ Nun, in diesem Fall handelt es sich um ein Unternehmen aus Japan mit der Bezeichnung Zoukai-Mura inc. Und es präsentiert als erstes Modell ein japanischen Jagdflugzeug aus der Endphase des Zweiten Weltkrieges, welches auf den ersten Blick das Fantasieobjekt eines Zeichners für „Manga-Comics“ darstellen könnte.

Tatsächlich aber begannen die Arbeiten an den ungewöhnlichen Flugzeug schon im Jahre 1944 und im Juni des darauf folgenden Jahres hatte der erste Prototyp sein Roll- out aus den Werkhallen der Kyushu Hikokai KK company. Der im hinteren Rumpf eingbaute18 Zylindern Mitsubishi MK9D Sternmotor und die mächtige Druckluftschraube mit ihren sechs Propellerblättern sollten der Shinden(Blitz) eine Höchstgeschwindigkeit von ungefähr 750 Km/h geben. Das, und die zur damaligen Zeit völlig neuartige Zellenkonstruktion mit den vorderen Canard-Flügeln, welche der Maschine eine enorme Wendigkeit und Steigfähigkeit gegeben hätte, sollte ein letztes Aufbegehren gegen die Flut der amerikanischen schweren Langstreckenbomber vom Typ B-29 möglich machen.

Im August 1945 wurden noch drei Testflüge mit der Shinden durchgeführt, aber an eine Einzatzreife des Flugzeuges war bei Weitem noch nicht zu denken. Nach der Kapitulation Japans wurde der zweite Prototyp der Shinden von den amerikanischen Truppen entdeckt und in die Vereinigten Staaten gebracht, eingelagert und eventuell wird an ihrer endgültigen Restaurierung für National Air and Space Museum gearbeitet.

Der Bausatz von Zoukei-Mura besticht auf den ersten Blick mit einer Vielzahl von präzise gefertigten Einzelteilen, verteilt auf acht Spritzrahmen, welche in Schwarz, Silber und Hellgrau eingefärbt sind. Dazu gesellt sich ein Blatt mit Maskierfolie für die Kabine sowie eine dünne Metallstange, zur Verstärkung des hohen, dünnen Bugrades.

Die in Din-A4 Größe und als altes Bedienhandbuch gestaltete Bauanleitung, schreit geradezu danach, ebenfalls ein Sammelobjekt zu werden. Schade nur, das der Großteil des Textes in japanischen Schriftzeichen gehalten ist. Aber die fantastischen technischen Zeichnungen, welche Phase für Phase den Zusammenbau des Jägers begleiten, suchen ihresgleichen. Die Reihenfolge des Zusammenbaus bitte unbedingt befolgen.

Ein Hauptanteil der 250 Einzelteile werden für die Innereien des Modells verwertet. Also: Cockpit, Waffenschacht (wenn auch fiktiv) sowie dem Triebwerk der Shinden. Und das hat es in sich. Der Mitsubishi Motor muss im Original ein gewaltiges Aggregat gewesen sein. Da alle Komponenten später auf den authentisch gestalteten inneren Zellenrahmen und Spanten aufgebaut werden, ist eine besondere Sorgfalt beim Zusammenbau der diversen Einzelteile von Cockpit, Waffenschacht und Motor zu beachten.

Es ist nicht damit getan, Teile in die verschiedenen Nuten und Löcher einzukleben. Alles muss korrekt ausgerichtet sein und genau zusammenpassen. Ansonsten kann später nicht mehr die Außenhaut, also Rumpf und Flügelteile, passgenau montiert werden. Gerade der Rumpf besteht, bedingt durch die gesamte Präsentation der Technik im Flugzeuginneren, aus zehn Einzelteilen, die um die Rahmenkonstruktion geklebt werden sollen.

Auch meine Entscheidung, den Bausatz als Schnittmodell zu präsentieren, erforderte eine genaue Anpassung der Rumpfteile. Dabei kommt aber zugute, dass sich der Bausatz durch eine gute Passgenauigkeit auszeichnet. So liegen auch die Tragflügel perfekt oben und unten auf ihren Rahmen und müssen nur im vorderen Bereich etwas angeschliffen werden, um genau übereinzustimmen. Nicht vergessen in den beiden Seitenrudern die Abstandslichter I-10 und I-8 nach Anleitung vor dem Verkleben der Hälften einzusetzen. Aber wie schon darauf hingewiesen, es darf nicht gepfuscht werden.

Den Pilotensitz bietet der Bausatz übrigens in doppelter Ausführung. Einmal glatt für den Befürworter von selbstgemachten Gurtzeug oder den mit dem aufgeprägten Gurten. Diese sind aber auch hervorragend gestaltet. So wie bei Sitzen aus Kunstharz. Das Armaturenbrett ist ein Klarsichtteil, welches mittels Decalinstrumenten aufgepeppt werden kann.

Noch ein Satz zu den vier 30mm Kanonen im Bug. Diese waren bei der Erprobung des Prototyps noch nicht eingebaut. Ich habe mich entschlossen, diese trotzdem einzubauen, zum Einen, weil es bei einer Neuheitenvorstellung nun mal dazugehört, wenn möglich den gesamten Bausatz vorzustellen, und weil es optisch reizvoll war, den Flieger als gesamte vollständige Einheit zu zeigen.

So, nun aber auch noch ein ganz wichtiger Aspekt für eine gute Präsentation des Modells. Schauen wir uns mal das Fahrwerk des Vogels an. Was fällt sofort auf? Richtig, hochbeinig wie ein Storch und Schnauze in die Höhe. Um dieses Modell auf alle drei Beine zu bekommen, helfen nur kleine Bleikugeln aus dem Anglerbedarf. Diese werden dann überall wo noch Platz im Bug ist, zwischen den Spannten und diversen Hohlräume mit Sekundenkleber eingesetzt. Dann steht sie, die Shinden und zeigt ihre außergewöhnliche Silhouette. Für einen festen Stand des hinteren Fahrwerkes sorgen große stabile Zapfen, die in Öffnungen eingeführt werden,welche sich fest angegossen an den Holmen für die Flügel befinden. Aber Obacht, durch das Gewicht, welches nun entsteht und besonders auf dem Bugfahrwerk lastet, sollte das Modell nicht gerade auf wackligen Tischen stehen.

Die Kabinenhaube gibt es in geschlossener und offener Ausführung. Insgesamt ein wenig nervig, war die Tatsache, das gerade die vielen kleinen Teile extrem stabil an den Spritzrahmen befestigt waren. Abgeknipst wurden diese vorsichtig mit einer stabilen Nagelschere. Keine für ein Euro. Bringt nichts. Auch herkömmliche Seitenschneider wie z.B.von Revell passen nicht immer in die knappen Zwischenräume. Die Gefahr, Teile zu beschädigen ist dabei zu groß.

Erst ganz am Ende wurden die vorderen Canard-Flügel sowie die Antennenmasten unten angeklebt. Die Querruder an den Flächen lassen sich einfach einklinken, ebenso die ausgefahrenen Landeklappen. Nun noch den riesigen Propeller einstecken und das Experimentalflugzeug ist fertig.

Der Bericht aber noch nicht, denn es fehlt noch der Hinweis zu dem Anstrich. Da das Grundkonzept für den Abfangjäger von der ehemaligen kaiserlichen Marine Japans ausging, also die Shinden trotz der ihr zugedachten Aufgabe der Heimatverteidigung, ein Marineflugzeug war, kommen am Modell auch die entsprechenden Farben zur Verwendung. Heeresluftwaffe sowie Marineluftwaffe verwendeten Grün-und Grautöne mit leicht unterschiedlichen Tönungen, soweit es bei Kriegsende noch möglich war. Aber nehmen wir mal an es ging noch.

Tamiya Acrylfarben Japanese Navy Green sowie Navy Gray liefern die richtigen Farbtöne. Auch die Verarbeitung der selbigen ist problemlos und deckend. Für das Cockpit wurde Grüngrau von Revell Aqua verwendet. Für innere Bereiche, also Fahrwerksschächte, Landklappen usw. mischte ich mir mit Ultramarinblau, Weiß und Silber das sogenannte Aotake-Blau an, welches die Japaner oft als Schutzanstrich gegen Korrosion verwendeten. Für die Hinomarus, also die roten Sonnenzeichen der japanischen Hoheitsembleme wurden die beiliegenden Decals verwendet. Diese sind ganz Okay reagieren gut auf herkömmlichen Weichmacher und der Trägerfilm bleibt unsichtbar.

Der hervorragende Figurensatz von MB „Famos Pilots of WWII. liefert auch noch einen japanischen Piloten aus dieser Epoche, welcher die enorme Höhe der Shinden verdeutlicht.

Der Flieger ist echt ein Sahnestück. Gerade der 32er Maßstab rückt die außergewöhnliche Form der Konstrukteure ins rechte Licht. Schade ist es aber, das dieser Bausatz noch keinen Importeur für den europäischen Raum gefunden hat. Er ist nur über das Internet erhältlich. Wobei dabei auch die momentane Situation in Japan nach der Katastrophe berücksichtigt werden sollte. Es ist der Firma zu wünschen, dass sie mit ihren Modellen weiterhin Erfolg hat. Das gleiche gilt für alle diese Firmen aus Japan, welche uns Enthusiasten im Bereich des Plastikmodellbaus immer wieder mit tollen Modellen erfreut hat.

Hans-Jürgen Bauer, Berlin (April 2010)