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De Havilland Biplane No.1

Scratchbau - 1/72

Original: Die Biplane No.1 war das erste Flugzeug des später so bekannten, britischen Konstrukteurs Geoffrey de Havilland. Sie war, wie alle Flugapparate der damaligen Zeit eine Konstruktion aus Holz, Leinwand und Spanndrähten.

Die Rumpfkonstruktion des Doppeldeckers war offen. Der Apparat hatte interessanter weise sowohl vorn als auch hinten ein Höhenleitwerk. Das Vordere war voll beweglich, das hintere nur am Boden fest einstellbar. Das Seitenruder verfügte über keine Flosse. Die Querruder am äußeren Ende der oberen Tragfläche wurden nur von unten angezogen, wodurch sie in Ruhestellung nach unten hingen. Das Fahrwerk bestand aus einem Stahlrohrrahmen mit vier Speichenrädern.

Der Pilot saß vor dem Motor und steuerte mit seiner linken Hand das Höhenruder, mit seiner rechten das Seitenleitwerk und mit den Füßen das Querruder. Für heutige Verhältnisse etwas ungewöhnlich, aber man muss bedenken, dass es damals noch keinen Standard für die Steuerung von Flugzeugen gab.

Als Triebwerk diente ein Vierzylinder-Boxermotor der Iris Motor Company. Er wurde quer zur Flugrichtung eingebaut. Der Motor brachte eine Leistung von 45 PS bei 1.500 U/min und trieb über ein Gestänge zwei Druckpropeller an. Diese Propeller waren insofern bemerkenswert, dass sie vollständig aus Metall waren und am Boden eine Neigungsverstellung zuließen.

Der Erstflug fand im Dezember 1909 in der Nähe von Newbery statt. Nach einer Flugstrecke von 80m in einer Höhe von ca.5m geriet der Flugapparat in einen Abwärtsschwung, welchen der Pilot zwar korrigieren konnte, jedoch verzog sich dabei die linke Tragfläche. Die Maschine geriet mit einer Linkskurve außer Kontrolle und wurde beim Aufschlag vollständig zerstört. Geoffrey de Havilland kam mit leichten Blessuren davon.

Technische Daten:
Länge:9,75m
Spannweite:8,83m
Sartgewicht:385 kg

Quellen: flyingmachines.ru und Zeitschrift "Flight", Ausg. 9.April 1910, S. 266ff

Zum Modell: In meiner Bastelstube lümmeln sich seit längerer Zeit verschiedene Renwalbausätze herum. Ich entschied mich zum Bau der De Havilland No.1. Zu diesem Typ gibt es offensichtlich nur ein Bild im unversehrten Zustand aber eine recht gute Beschreibung in der Zeitschrift Flight Global. (unter www.flightglobal.com) Dort ist auch ein Riss enthalten, der offensichtlich recht stimmig ist. Riss und Bild stimmen gut überein und zeigten mir, dass der Bausatz von Renwal viele Fehler aufweist. Da die Plastikteile zudem recht grob sind, entschied ich mich dazu, das Modell scratch zu bauen.

Entgegen meiner bisherigen Bauweise habe ich mich entschieden, diesmal mit dem Bau der Leitwerke und Tragflächen zu beginnen. Den Anfang machten das Höhenleitwerk und die Höhenruder. Ich habe mir dazu aus einem Stahlblech eine Form gebogen, die eine ungleichmäßige Wölbung hat. Danach wurde eine 1mm dicke Plastikplatte mit Klebeband auf die Form geklebt und das Ganze in kochendem Wasser erhitzt. Nach der Abkühlung hat die Plastikplatte die passende Wölbung angenommen.

Die Rohlinge der Tragflächen wurden zuerst auf Profil geschliffen. Auf diesen wurden zuerst die Rippen mit Bleistift angezeichnet und dann Drähte aus einer alten Spule (Durchmesser ca. 0,5mm) als Rippen mit Tesa- Film auf die Fläche geklebt. Nach Feinausrichtung habe ich die Drahtstücke mit Sekundenkleber fixiert. Die Übergänge zu den Drähten und die Zwischenräume wurden in 3-4 Arbeitsgängen mit Flüssigspachtel gefüllt, weiß grundiert und verschliffen. Dadurch nahm die Tragfläche die Form von bespannten Rippen an. Die endgültige Farbgebung erfolgte durch nochmalige Grundierung und Lackierung mit Valejo sandfarben. Abschließend wurde die Oberfläche noch mit Ölfarbe Ocker trockengemalt.

Die Ruder und Leitwerke wurden auf die gleiche Weise hergestellt. Dabei fand die Rippennachbildung bei Quer- und Seitenruder auf beiden Seiten einer glatten Plastikplatte statt während Höhenleitwerk und Höhenruder vorher gewölbt wurden.

Im nächsten Schritt entstanden die Rumpflängsseiten. Die Längsholme und die Querstreben wurden aus 0,8mm Rechteckprofil gefertigt. Die Gitterstruktur bestand beim Original aus dünnen, flachen Holzleisten. Zur Nachbildung habe ich einen Gußast flach geschliffen, über einer Kerze erwärmt und lang gezogen. Die dabei erhaltenen Fäden hatten ein flaches Profil und ließen sich als Verstrebungen ausgezeichnet einsetzen.

Es folgte die Montage der Rumpfseiten mit den Querträgern. Zuerst wurden nur vier Streben mit dickflüssigem Sekundenkleber eingesetzt. Danach habe ich das Bauteil in die Hand genommen und die restlichen optisch ausgerichtet und verklebt. An den Enden wurden kleine Plättchen aus einem Aktentrennblatt als Beschläge angebracht.

Das Rumpfmittelteil war bei der D.H. No.1 mit Metallbeschlägen verstärkt. Sie sehen auf einem Bild der abgestürzten Maschine aus, als wären sie im Nachgang angeschraubt worden. Ich habe deshalb dünne Winkel aus meinem Aktentrennblatt herausgetrennt und auf die Längsträger geklebt. Danach wurden die Ränder verschliffen und für die Nachbildung der Schrauben einige Löcher mit einem Bohrer 0,3mm gebohrt. In die Löcher wurde der Draht meiner Spule eingeklebt und der Überstand mit einem Seitenschneider eingekürzt. Auf gleiche Weise verfuhr ich auch mit den anderen Beschlägen am Rumpf.

Probeweise habe ich den Sitz - ein einfaches Brett - montiert, musste ihn aber nochmals entfernen, als ich bemerkte, dass dahinter ein Kreuz aus Stahleisen zur Verstärkung des Rumpfmittelteiles montiert war. Bei der Lackierung hätte ich diese beiden Teile nicht mehr einzeln erreichen können.

Nun kam die Lackierung. Der Rumpf wurde mit Tamya Flesh gespritzt und die Beschläge mit einem Pinsel schwarz grundiert. Anschließend erfolgte ein Trockenbürsten der Metallteile mit Revell Stahl. Zuletzt wurden die Holzteile mit Ölfarbe, ein Gemisch aus viel Ocker und etwas Rotbraun bemalt. Ich habe die Farben nicht richtig vermischt und erhielt damit eine etwas streifige, helle Holzfarbe. Durch Nacharbeit mit etwas dunklerer Farbe entstanden weitere Schattierungen, die die Ähnlichkeit des Anstrichs mit dem verwendeten, hellen Holz noch verstärkte.

Dann interpretierte ich den Kühler, von dem es kein deutliches Foto gibt. Ich habe zuerst versucht einen Kühler mit Kühlrippen herzustellen. Nach mehreren Fehlversuchen entschied ich mich für einen einfachen Rohrschlangenkühler. Dazu wurden Haare einer Bürste mit Sekundenkleber in gleichmäßigem Abstand auf zwei Rechteckholme 0,5mm geklebt. Nachdem alles trocken war, habe ich die Ränder beschnitten und die Längsseiten mit einem dünnen Evergreenprofil als Rahmen begrenzt. An den Stirnseiten kam dazu ein Winkel aus meinem bewährten Aktentrennblatt zum Einsatz. Zuletzt wurde noch ein Einfüllstutzen aus gezogenem Gußast auf der Oberseite aufgeklebt.

Danach ging es an die Herstellung des Vierzylinder-Boxermotors. Von Ihm gibt es eine ganze Reihe Bilder. Sie zeigen, dass das Renwalteil völlig falsch liegt. Beim Bau des Motors habe ich vor allem mit Evergreenprofilen gearbeitet. Der Mittelteil entstand aus Vierkantprofilen und die Zylinder aus Rundmaterial. Verfeinert wurde das Bauteil mit gezogenen Gußästen und Drähten für Ventilstößel, Anbauteile und Leitungen. Die Bemalung erfolgte mit schwarzer Grundierung und gebürstetem Stahl. Der Motor lagert auf kreuzweise angeordneten, silbern lackierten Vierkantprofilen.

Im folgenden Arbeitsschritt wurde der Rumpf fertig gebaut, der Sitz bemalt und eingebaut. Die offenen Rumpfsegmente erhielten eine Verspannung aus transparentem Garn. Beim Original wurden die Enden der Drähte durch Metallbeschläge an den Holmen gehalten. Ich habe deshalb die Spannseile außen auf den Rumpf geleimt und als Beschlag kleine, silbern angemalte Plastikstücke drüber geklebt. Abschließend wurden noch kleine Stücke eines gezogenen Gußastes als Schraubenköpfe angebracht.

In Anschluss widmete ich mich der Gestaltung der inneren Tragflächenstreben. Diese sitzen oben und unten auf den freiliegenden Tragflächenholmen. Die vorderen Streben sind rund und die hinteren haben einen quadratischen Querschnitt. Ich habe dafür Messingröhrchen mit entsprechendem Profil in der Stärke 0,8mm eingesetzt. Diese wurden mit kleinen Stiften an den oberen Rumpflängsholm geklebt. Am unteren Rumpfträger erfolgte nur eine provisorische Befestigung mit etwas Sekundenkleber.

Bei der Befestigung der Tragflächen am mittleren Holm kam wieder das Vierkanthohlprofil 0,8x0,8mm zum Einsatz. Es wurde zuerst einseitig markiert, wo die senkrechten Streben auftreffen und dann mit der Mikrobohrmaschine ein Loch durch die Oberseite gebohrt. In diesem sollten später die inneren Streben verstiftet werden.

Der Tank war schnell gemacht. Ich habe ein Stück Gußast in die Bohrmaschine eingespannt und die Enden über Feile und Sandpapier konisch abgedreht. Ein Stück gezogener Gußast bildete den Einfüllstutzen nach. Die Bemalung erfolgte erst mit schwarzer Grundierung und danach mit Kupferfarbe.

Auf dem mir bekannten Foto sieht es aus, als ob die äußeren Tragflächenstreben etwas dünner als die inneren wären. Ich habe sie deshalb aus 0,5 mm Messingrohr angefertigt. Dabei kam mir zu Gute, dass ich mir vor Jahren ein Proxxon Kappgerät gekauft habe. Dadurch konnte ich alle 12 Streben auf Anhieb in der gleichen Länge schneiden. Anschließend mussten nur noch die Grate verschliffen werden und die Streben konnten ihre Lackierung erhalten. Ich habe sie auf die gleiche Weise wie den Rumpf bemalt.



In nächsten Schritt wurden die Tragflächen zur Montage vorbereitet. Da die Streben aus Messingrohr bestehen, können sie bei der Montage verstiftet werden. Dazu habe ich an den Ansatzpunkten der Streben Löcher Durchmesser 0,3mm gebohrt. An der oberen Tragfläche wurden transparente Garnfäden als Spanndrähte und ein Stift aus Spulendraht (ca. 0,2mm) eingeklebt. Unten erfolgte nur die Verklebung eines Stiftes. Um diesen herum wurden 0,3mm Bohrungen gesetzt und kleine Ösen aus 0,1mm Kupferdraht als Spannschloss eingeklebt. Diese habe ich zuvor durch umwickeln einer 0,3mm dicken Kanüle selbst gebogen.

Der Zusammenbau der Flügel wurde dadurch relativ leicht. Ich habe, um die Spannseile zu schützen, diese zuerst mit Tamyatape an der Oberseite der oberen Tragfläche festgeklebt. Dann musste nur noch etwas Sekundenkleber Gel auf die Stifte gebracht und die Konstruktion mit den Streben zusammengesteckt werden. Nach Ausrichtung und einem Tag Austrocknung waren die Tragflächen fest.

Die Verspannung lässt sich nach dieser Vorbereitung recht bequem durchführen. Das Spannseil wird durch die dazugehörige Öse gefädelt und straff gezogen. Dadurch streckt sich die Öse zu einem länglichen Gebilde, welches das Spannschloss simuliert. Mit einem Tropfen Sekundenkleber wird das Spannseil im Schloss gesichert.

Im nächsten Arbeitsschritt wurden Seitenruder und Höhenleitwerk montiert. Der obere Seitenleitwerksträger entstand wieder aus Messingvierkantprofil. Für das Höhenleitwerk habe ich eine Achse in die Hülse des Rumpfendes eingeführt und zwei Beschläge aus Plastiksheed daran befestigt. Im Anschluss wurde das Leitwerk stumpf angeklebt. Bei der Montage des Höhenruders musste die Steuermechanik mit eingesetzt werden. Leider sind die heute verfügbaren Unterlagen nicht ausreichend um irgendwelche Details zu erkennen. Einzig aus einem Bild des abgestürzten Flugzeugs ist ersichtlich, dass es zwei Anlenkhebel gab, die außen am Gitterrumpf lagen und mit einer Querstange verbunden waren. Das Höhenruder wurde mit dem linken Steuerknüppel bedient. Ich habe mir zur Nachbildung eine Konstruktion aus 0,5mm Messingprofil und Plastikbeschlägen ausgedacht. Im gleichen Arbeitsschritt entstanden auch die Fußpedale (Seitenruder) und der rechte Steuerhebel (Querruder).

Danach ging es an die Montage des Fahrgestells. Ich habe es aus 0,8mm Messingprofil aufgebaut, welches mit 0,5mm Löchern durchbohrt wurde. Danach wurden die Teile verstiftet. Auch wenn nirgendwo ersichtlich, glaube ich, dass das Hauptfahrwerk durch Spiralfedern abgefedert wurde - ähnlich der damals weit verbreiteten Voisin Doppeldecker. Ich habe deshalb aus Spulendraht eine Feder gebogen und am oberen Hauptahrwerksausleger angebracht. Dabei muss beachtet werden, dass er am oberen Holm nicht gelagert gewesen sein kann ohne die Bewegung zu behindern, denn durch die Fahrwerksstreben muss er geringfügig schwingen können.



Für die Räder habe ich mir passende Reifen gebogen. Dazu wurde ein rundes Evergreenprofil um einen dickeren Gußast gedreht und in heißes Wasser getaucht. Nach Abkühlung habe ich die so erhaltene Spirale in keine Ringe geschnitten und die Enden verklebt. Danach wurden die Reifen bemalt und ein auf Polyluxfolie gedruckter Speichenkranz eingeleimt. Ein Stück Messingrohr bildete die Nabe nach.



Die beiden Stützräder vorn und hinten waren wahrscheinlich starr angebracht. Deshalb wurden bei meinem Modell einfach entsprechende Messingröhrchen zurechtgeschnitten, zusammengesetzt und eingeleimt. Danach erhielten alle Fahrwerksstreben eine schwarze Bemalung. Wie aus dem Riss und meinem Bild ersichtlich, wurde die Verspannung aus transparentem Garn nachgebildet.

Als letzten größeren Schritt habe ich die Propeller hergestellt. Ein kurzes Stück Messingrohr wurde durch ein Stück gezogenen Gußast als Nabe geführt. Die Blätter entstanden aus dünnen, gebogenen Plastikplättchen. Aus kleinen Streifen meines Aktentrennblatts wurden die Haltebügel für den Verstellmechanismus gefertigt und aufgeklebt. Da die Propeller von einem Motor getrieben wurden, hatten sie immer die gleiche Stellung zueinander. Ich habe deshalb von einer beweglichen Lagerung abgesehen und sie fest in der Lage meines Bildes eingebaut.

Abschließend mussten noch die Querruder und die Steuerseile angebracht werden. Aus den zugänglichen Unterlagen ist die Führung der Seitenrudersteuerung nicht ersichtlich. Ich habe keinen Weg gesehen, das Steuerseil auf direktem Wege zu führen. Auch mit einer Umlenkung auf der Tragfläche war nicht zum Ziel zu kommen, da immer der Propellerkreis irgendwo im Weg stand. Deshalb habe ich mich entschieden, auf jeder Seite zwei Umlenkrollen zu montieren. Wahrscheinlich hatte de Havilland irgendetwas in der Art eingesetzt.

Zuletzt wurden noch die versteifenden Spannseile zu den Tragflächenenden angebracht. Das hintere ist auf einem Bild noch erkennbar, das vordere halte ich aus Stabilitätsgründen für sinnvoll.

Fazit: So ein Eigenbau ist nicht jedermanns Sache, aber man erhält ein interessantes Modell und einen Blickfang in der Vitrine.

Karsten Rummer, Zittau (2015)